Handbuch der Stadtsanierung
Ausgleichsbeträge
Ziel und Zweck einer Sanierungsmaßnahme ist es, städtebauliche Missstände zu beheben und das Wohn- und Arbeitsumfeld zu verbessern bzw. aufzuwerten.
Wird eine Sanierungsmaßnahme im umfassenden Verfahren (Regelverfahren) durchgeführt und ist durch das Sanierungsverfahren und die damit verbundenen, geplanten Maßnahmen eine sanierungsbedingte Bodenwertsteigerung zu erwarten, sind die §§ 152 bis 156a BauGB anzuwenden und der Eigentümer/ die Eigentümerin hat an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zur Finanzierung der Gesamtkosten der Sanierung zu entrichten (§§ 154 Abs. 1 BauGB).
Hierzu werden ein Anfangs- und ein Endwert ermittelt. Der Anfangswert ist der Bodenwert, der sich ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre. Der Endwert ist dagegen der Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt.
Der Unterschied zwischen diesen Werten ergibt die durch die Sanierung bedingte Bodenwertsteigerung. Der zu zahlende Ausgleichsbetrag entspricht eben dieser Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks.
Die Erhebung von Ausgleichsbeträgen erfolgt im Regelfall nach Abschluss der Sanierung. Eigentümer können auch vorzeitig den Ausgleichsbetrag ablösen. Zu diesem Zweck wird eine Ablösevereinbarung zwischen Stadt und Eigentümer / Eigentümerin geschlossen.
Baumaßnahmen
Die Durchführung von Baumaßnahmen liegt in der Zuständigkeit des Eigentümers / der Eigentümerin und soll gemäß § 148 BauGB zügig und zweckmäßig erfolgen. Gewisse Aufgaben obliegen der Gemeinde.
Zu den Baumaßnahmen gehören unter anderem Modernisierungen und Instandsetzungen, Neu- und Ersatzbauten, Betriebsverlagerungen oder die Errichtung und Änderung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen.
Baumaßnahmen tragen einen wertvollen Teil zur Behebung städtebaulicher Missstände bei, indem vor allem Verbesserungen an der Bausubstanz, dem energetischen Zustand von Gebäuden und den Wohnverhältnissen vorgenommen werden.
Ordnungsmaßnahmen
Ordnungsmaßnahmen (§ 147 Baumaßnahmen) liegen weitestgehend im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde.
Zu ihnen gehört die Bodenordnung und der Erwerb von Grundstücken, der Umzug von Bewohnern und Betrieben, das Freilegen von Grundstücken sowie die Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen. Ordnungsmaßnahmen sind oftmals essenziell, um die Voraussetzungen zu schaffen für die eigentlichen Baumaßnahmen.
Sanierungsgebiet
Das Sanierungsgebiet ist der räumlich definierte Teilbereich einer Stadt, für den eine Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll. Das Sanierungsgebiet wird förmlich festlegt und vom Gemeinderat beschlossen. Die §§136-164b BauGB gelten für die Vorbereitung, Durchführung und den Abschluss der Sanierungsmaßnahme.
Der Gebietsbezug ist auch Voraussetzung für die Bewilligung bzw. Inanspruchnahme von Städtebaufördermitteln.
Sanierungssatzung
Die Gemeinde beschließt die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets als Satzung (Sanierungssatzung) und gibt eine Bezeichnung für das Gebiet an (z.B. Sanierungsgebiet „Innenstadt“).
Darüber hinaus enthält die Satzung Informationen über die Frist, innerhalb derer die Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll. Die Frist kann per Beschluss verlängert werden.
Außerdem gibt die Gemeinde an, ob das Verfahren im umfassenden oder vereinfachten Verfahren erfolgt. Im Falle des umfassenden Verfahrens finden die §§ 152-156a BauGB Anwendung.
Sanierungsstelle
Sanierungsträger
Die Gemeinde kann zur Vorbereitung und Durchführung der Sanierung ein externes Unternehmen (Sanierungsträger) beauftragen. Der Sanierungsträger übernimmt ganz oder teilweise Aufgaben aus diesen Bereichen und unterstützt die Gemeinde im Sanierungsverfahren.
Bei der Stadt Gerlingen ist eine Sanierungsstelle eingerichtet, die hinsichtlich der Aufgaben und Umsetzung im ständigen Austausch mit dem Sanierungsträger steht.
Sanierungsbedingte Bodenwertsteigerungen
Ziel der Sanierungsmaßnahme ist es, die städtebaulichen Missstände im Gebiet zu beheben. Im Laufe des Sanierungsverfahren werden Maßnahmen umgesetzt, durch die eine Qualitätsverbesserung im Gebiet und für die einzelnen Grundstücke angestrebt ist. Durch die Behebung von Missständen und den Qualitätsverbesserungen kommt es zur sogenannten sanierungsbedingten Bodenwertsteigerung.
Sanierungsrechtliche Genehmigung
Im Sanierungsgebiet benötigen bestimmte Vorhaben und Rechtsvorgänge (§ 144 BauGB) eine schriftliche Genehmigung der Gemeinde. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Vorhaben den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechen und die Durchführung der Sanierung nicht erschweren.
Bei Bauvorhaben, die genehmigungspflichtig sind, kann eine Baugenehmigung erst nach Vorliegen einer sanierungsrechtlichen Genehmigung erteilt werden. Die sanierungsrechtliche Genehmigung ersetzt jedoch nicht die Baugenehmigung.
Städtebaufördermittel
Zur Finanzierung der Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme (Gesamtmaßnahme) können sogenannte Finanzierungs- und Fördermittel (Städtebaufördermittel) eingesetzt werden. Hierzu müssen Städte und Gemeinden einen Antrag auf Aufnahme in ein Förderprogramm stellen. Mit Aufnahme in ein Förderprogramm werden auch Finanzmittel bewilligt.
Auf Bundes- und Landesebene gibt es verschiedene Förderprogramme – teils mit thematischen Schwerpunkten. Die Städtebauförderrichtlinien regeln die Vergabe von Fördermitteln auf Länderebene. Sie definieren unter anderem, welche Maßnahmen Fördermittel erhalten und in welcher Höhe Fördermittel gewährt werden können. Darauf aufbauend erstellen Kommunen eigene, städtische Förderrichtlinien.
Städtebauliche Sanierungsmaßnahme
Der Auslöser für die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen sind für gewöhnlich städtebauliche Missstände. Es ist im Wesentlichen zwischen zwei Arten von Missständen zu unterscheiden (§136 Abs. 2 BauGB):
- Substanzschwächen liegen vor, wenn „das Gebiet nach seiner vorhandenen Bebauung oder nach seiner sonstigen Beschaffenheit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse oder an die Sicherheit der in ihm wohnenden oder arbeitenden Menschen auch unter Berücksichtigung der Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung nicht entspricht“.
- Funktionsschwächen liegen vor, wenn „das Gebiet in der Erfüllung der Aufgaben erheblich beeinträchtigt ist, die ihm nach seiner Lage und Funktion obliegen“.
Städtebauliche Missstände zeigen sich unter anderem in leerstehenden Gebäuden und Gebäudeeinheiten, Mängel der Bausubstanzen, Vernachlässigung des Erscheinungsbilds oder dem Wegbrechen von Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten. Infolgedessen kann es zu einem sukzessiven Attraktivitätsverlust kommen und das Gebiet auf verschiedenen Ebenen dauerhaft und negativ belasten.
Durch frühzeitiges und vorausschauendes Handeln können städtebauliche Sanierungsmaßnahmen eingeleitet und Maßnahmen initiiert werden, „durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird“ (§ 136 Abs. 2 BauGB).
Die städtebauliche Sanierungsmaßnahme (in Baden-Württemberg regelmäßig auch als städtebauliche Erneuerungsmaßnahme bezeichnet) mitsamt ihrer Vorbereitung und Durchführung ist rechtlich im Baugesetzbuch (BauGB) unter §§ 136ff BauGB geregelt.
Steuerliche Erleichterungen
Für Modernisierungsmaßnahmen gibt es die Möglichkeit, Sonderabschreibungen nach Einkommenssteuergesetz (EStG) in Anspruch zu nehmen, vorbehaltlich der Prüfung und Gewährung durch das Finanzamt. Konkret sei auf die §7h und 10f EStG verwiesen.
Grundlage ist eine Modernisierungsvereinbarung, die zwischen Stadt und Eigentümer abgeschlossen wird.
Tag der Städtebauförderung
Der Tag der Städtebauförderung ist ein bundesweiter Aktionstag, an dem Städte und Gemeinden laufende Sanierungsverfahren gezielt bewerben, präsentieren und darüber informieren. Die Teilnahme ist freiwillig und die Programmgestaltung ist den Kommunen freigestellt.
Die Aktionen reichen unter anderem von Informationsständen über Gebiets- und Baustellenführungen bis hin zu Straßen- und Quartiersfesten. Mit dem Tag der Städtebauförderung soll die Stadtgesellschaft für die Sanierung sensibilisiert und mehr Akzeptanz geschaffen werden.
Vorbereitende Untersuchungen
Noch vor der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets sind vorbereitende Untersuchungen (VU) durchzuführen. Ziel ist es, eine Beurteilungsgrundlage zu gewinnen, die Aussagen über die Notwendigkeit der Sanierung, die sozialen, strukturellen und städtebaulichen Verhältnisse sowie die anzustrebenden allgemeinen Ziele und die Durchführbarkeit der Sanierung trifft.
Die Vorbereitenden Untersuchungen umfassen auch die Ermittlung der dem Bereich anhaftenden wesentlichen stadträumlich-gestalterischen, strukturellen und funktionalen Mängel und Missstände.
Quellen
Altrock, Uwe (2018): Stadterneuerung. In: ARL – Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Handwörterbuch der Stadt- und Raumentwicklung. Hannover. S. 2441-2450
Baugesetzbuch (BauGB): In der Fassung der Bekanntmachung vom 03.November 2017 (BGBl. S. 3634), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20.Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 394) geändert wurde.
Mathony, Karl Heinz (2014): Von der Sanierungssatzung zum Ausgleichsbetrag. Handbuch für die kommunale Praxis. 2. Auflage. vhw-Verlag. Bonn
Stadt Gerlingen (2023): Städtebauliche Erneuerungsmaßnahme „Innenstadt“. Vorbereitende Untersuchungen.